Laudatio auf Res Marty anlässlich der Verleihung des Lachner Kulturpreises 2016
Montag, 1. August 2016
Franz-Xaver Risi, kantonaler Kulturbeauftragter
Geschätzter Pit Marty
Liebe Lachnerinnen und Lachner, geschätzte Festgemeinde
Es gehört zu den schönen Traditionen in unserem «Dorf am Sey», dass wir den 1. August nicht einfach vorbeistreichen lassen, sondern ihn bewusst feiern. Nicht als Hurra-Festivität im Sinne eines übertriebenen Patriotismus, sondern als einen Tag der Begegnung, als eine Gelegenheit zusammenzusitzen, miteinander zu reden, unser Dorf etwas anders zu entdecken, gemeinsam einen guten Tag zu verbringen. In einer Zeit, die von Hektik und weit verbreiteter Sprachlosigkeit gekennzeichnet ist, ist das eine grosse Qualität.
Seit vielen Jahren bildet die Verleihung des Ehrenpreises der Gemeinde Lachen einen festen Bestandteil der 1. August-Feierlichkeiten. Ich denke, es gibt kaum eine bessere Gelegenheit, um Persönlichkeiten auszuzeichnen, die sich um unser Dorf und seine Leben verdient gemacht haben. Persönlichkeiten, die aktiv dazu beitragen, dass wir uns in Lachen wohlfühlen und gerne hier zu Hause sind. Man kann deshalb den Stellenwert dieser Ehrung nicht hoch genug schätzen; der Preis ist Ausdruck von Anerkennung, von Freude und ganz besonders von Dank!
Ich freue mich ausserordentlich, dass ich Ihnen heute eine solche Persönlichkeit kurz vorstellen darf – jemanden, den ich seit vielen Jahren ungemein schätze, jemanden auch, vor dem und seiner Leistung ich grössten Respekt habe. Wer näher mit ihm zu tun hat, der weiss, dass er nicht ungefährlich ist: Wenn er den Kopf leicht nach vorne senkt und sein Gegenüber über den Brillenrand hinaus ins Visier nimmt, dann gilt’s ernst. Er hat eine charismatische Art zu überzeugen. Und er kann unglaublich begeistern und mitreissen; ihm eine Bitte abzuschlagen, ist gar nicht so einfach.
In seiner Jugend ist er übrigens ein ausgezeichneter Athlet gewesen. Im Mehrkampf hat er es zur Meisterschaft gebracht. Seine Ausdauer, Zähigkeit und Hartnäckigkeit dürften hier ihre Wurzeln haben. Er ist aber von Anfang an sehr vielseitig begabt gewesen, nicht umsonst ist er Lehrer geworden – ein sehr guter, wie ich überzeugt bin. Noch heute sind seine pädagogischen Fähigkeiten exzellent. Ich kenne kaum jemanden, der so spannend wie er erzählen und vermitteln kann. Ihm zuzuhören, ist ein Vergnügen, zumal seine Stimme einen eher tiefen und sehr beruhigenden Charakter hat. Dass er auch deshalb ein ausgezeichneter Mediator ist, versteht sich fast von selber. Wenn’s brenzlig wird und schwierige Gespräche anstehen, dann holt man ihn. Er kann beruhigen, vermitteln und zu Lösungen führen. Er strahlt Gelassenheit und Ruhe aus, entscheidet überlegt und kann hervorragend strukturieren. Kein Wunder, hat man ihn auch immer wieder für öffentliche Ämter angefragt. Er ist im Rat der Lachner Genossame gewesen, Mitglied im Gemeinderat – allerdings in einer Nachbargemeinde – und einmal hätte er es fast in den Regierungsrat geschafft. Ich bin überzeugt, er wäre ein hervorragender Politiker geworden.
Anfangs habe ich seine Nichtwahl, die übrigens einzig dem Parteienproporz geschuldet gewesen ist, sehr bedauert. Heute sehe ich das auch mit einem lachenden Auge. Er hat nie den Kopf in den Sand gesteckt, sondern seine Energie halt einfach anders eingesetzt, einerseits für die Berufbildung – hier hat er sich schweizweit grösste Anerkennung erworben und massgeblich grundlegende Konzepte entwickelt; einen zweiten Schwerpunkt in seinem Leben hat immer seine Begeisterung für die Kultur gebildet. Diese ist ihm quasi in die Wiege gelegt worden. Vor allem sein Vater ist ein grosser Kulturliebhaber gewesen, selber Musiker und Sammler, ein Begeisterter eben. Das Elternhaus ist zu einem Treffpunkt von Kulturschaffenden geworden, noch heute erzählt er von einzigartigen Begegnungen, u.a. mit Meinrad Lienert und zahlreichen anderen, soweit ich weiss auch Othmar Schoeck. Und der Vater hat Konzertabende und Lesungen organisiert. Ihm ist eigentlich gar nichts anderes übrig geblieben, als sich ebenfalls für die Kunst zu begeistern, zumal er dank seiner tiefen Stimme ein gesuchter Sänger gewesen ist – und das übrigens auch heute noch bestens kann!
Dass er heute mit dem Ehrenpreis der Gemeinde Lachen ausgezeichnet wird, verdankt er vor allem seinem grossartigen Engagement für das Kulturleben in Lachen und im Kanton Schwyz. Immer wieder hat er aktiv in OK’s mitgearbeitet und diese zum Erfolg geführt, so u.a. als Präsident der kantonalen Kunstszene 1991 und jetzt eben wieder 2016. Wer diese Ausstellung in der Ital Reding-Hofstatt in Schwyz gesehen hat, weiss, welch auszeichnete Arbeit er da geleistet hat. Er ist in unzähligen AG’s, IG’s und Komitees tätig, bringt sein grosses Wissen ein und zieht sehr oft den Karren. Ob Musiksommer am Zürichsee oder jetzt gerade wieder das Kuratorium für das Othmar Schoeck Festival in Brunnen, sie alle profitieren von ihm. Und wenn dann mal eine Aufgabe erledigt ist, hat er längst eine nächste im Auge. So richtig ruhig wird es um ihn selten – und das ist gut so! Wir alle freuen uns auf nächste Projekte.
Die wichtigste kulturelle Leidenschaft unseres Preisträgers habe ich bewusst noch ausgeklammert; sie hätte Ihnen sofort verraten, um wen es sich handelt. Sie ist verknüpft mit einem Lachner Komponisten, der es auch und ganz besonders seinem Engagement verdankt, dass er heute wieder häufiger gespielt wird und wieder bekannter ist: Joachim Raff. Unser Preisträger ist seit vielen Jahren Präsident der Joachim Raff Gesellschaft – ein Amt, das er von seinem Vater übernommen hat. Er organisiert mit Leidenschaft Konzerte, Vorträge und er hat eine Ausstellung erarbeitet, die Raffs Leben anschaulich dokumentiert, die bereits in Lachen und Rapperswil gezeigt werden konnte und die nun nächstes Jahr in Winterthur zu sehen ist. Ich bin überzeugt, es dauert nicht mehr lange, bis die Ausstellung auch in London, Frankfurt und New York gastieren wird. Unser Preisträger kann sehr überzeugend und hartnäckig sein. Auf jeden Fall kann sich Joachim Raff und damit auch Lachen keinen besseren Botschafter als ihn wünschen.
Unser Preisträger hat das Glück gehabt, dass er in seiner Familie immer viel Verständnis für sein kulturelles Engagement gefunden hat. Hier hat er die notwendige Unterstützung erhalten, sie ist ihm immer wichtig gewesen – das gilt heute noch genauso. In den letzten Jahren ist es vor allem Yvonne Götte gewesen, die ihn tatkräftig und mit viel Herzblut begleitet hat. Ihnen allen gebührt zweifellos auch ein grösserer Teil dieser verdienten Ehrung, die er heute bekommt.
Das Meisterstück unseres Preisträgers ist vor zwei Jahren der 2,7 Kg schwere Bildband über das Leben von Joachim Raff gewesen. Das Buch, gestaltet in der Lachner Druckerei Gutenberg, ist heute praktisch ausverkauft. X Jahre hat er dafür recherchiert, unzählige originale Handschriften angekauft, Bilder organisiert und ellenlang Sekundärliteratur gelesen. Das 440 Seiten starke Buch lässt Raff in all seinen Widersprüchlichkeiten lebendig werden, es ist ohne Zweifel ein aussergewöhnliches Werk, das Massstäbe gesetzt hat. Der bekannte Publizist Ludwig Hasler hat anlässlich der Vernissage festgestellt, eigentlich sei es gar nicht so verwunderlich, weshalb Joachim Raff so lang in Vergessenheit geraten sei: «Res Marty war noch nicht da», hat er völlig richtig gesagt. Und der damalige Kulturminister, Regierungsrat Walter Stählin, hat in Abwandlung eines Spruchs das Buch wie folgt bewertet: «Donnerwetter, ist der Marty gut!» Dem kann ich mich nur anschliessen.
Lieber Res Marty, ich freue mich sehr, dass ich zu Deiner Ehrung ein paar Worte habe sagen dürfen. Ich gratuliere Dir von Herzen und ich wünsche Dir persönlich und für die Zukunft alles Gute, viel Glück und alle Erfolg!